FARBEN...
BLAU
Blau ist nach einer Umfrage (vgl. Eva Heller) mit Abstand die beliebteste Farbe. Sie ist sehr naturbezogen und kommt unter anderem vor in den Nuancen: Ägyptischblau, Aquamarinblau, Ätherblau, Augenblau, Azurblau, Babyblau, Bayrischblau, Berliner Blau, Blaßblau, Blauschwarz, Blauviolett, Chagallblau, Clematisblau, Curacaoblau, Cyanblau, Echtblau, Eisblau, Enzianblau, Gewitterblau, Glockenblumenblau, Graublau, Grünblau, Heidelbeerblau, Himmelblau, Indigoblau, Indischblau, Jeansblau, Kobaltblau, Königsblau, Kornblumenblau, Lapisblau, Lavendelblau, Lichtblau, Madonnenblau, Marineblau, Meerblau, Mittelblau, Nachtblau, Opalblau, Ozeanblau, Pariser Blau, Pastellblau, Petrolblau, Preußischblau, Rauchblau, Ritterspornblau, Saphirblau, Schwarzblau, Tiefblau, Türkisblau, Ultramarin, Veilchenblau, Vergißmeinnichtblau, Wasserblau, Wolkenblau, Zwetschgenblau...
Lapislazuli |
Aquamarin |
Die häufigsten Assoziationen zu Blau sind Himmel, Wasser, See, Meer, Kühle, Luft, Eis, Weite und Tiefe. In den drei (Halb)Edelsteinen, Lapislazuli, Aquamarin und Saphir finden wir sie wieder. Der Lapislazuli, der an den nächtlichen Sternenhimmel erinnert; der Aquamarin, mit dem Blau der das Wasser wiederspiegelt und der Saphir, der das Blau der Luft zeigt, und im Christentum daher auch als himmlische Farbe gesehen wird.
Blauer Saphir |
Blau ist eine kühle, kalte und geistige
Farbe. Ihre psychische Wirkung – vor
allem im helleren Blau - geht ins Geheimnisvolle, Sehnsüchtige, Träumerische,
Ruhige, Entspannte, Melancholische und Empfangende. Im dunklen Indigoblau gar
ins Traurige, Deprimierende und Ernste. Blau entspricht eher der Introversion
und kann vor allem in der Nuance des Preußischblau als Farbe des Rückzugs, sich
nach Innen wenden angesehen werden. Sie ist die Farbe der Kontemplation, der
Vertiefung, der Transzendenz, und ruft ins Unendliche. Blau ist auch die Farbe
der affektiven Regulation und inneren Steuerung durch Einsicht, Wille und
Vernunft.
Chagall, "Traum in Blau" |
Goethe behauptete, dass Blau
„immer etwas Dunkles mit sich führe“. Die dunklen Seite des Blaus liegen im Dämonischen,
Teuflischen, Geisthaften und Gespenstischen. Es steht auch für den „entleerten
Rationalismus. Und Blau ist auch die Farbe der Trunkenheit.
Nach Lüscher steigert sich das Bedürfnis
vor allem nach einem dunklen Blau bei Erschöpfung und Krankheit. Es steht für
das Grundbedürfnis nach Ruhe im physiologischen Sinne und nach Befriedigung,
Zufriedenheit und Frieden im psychologischen Sinne. Wird das Dunkelblau also
abgelehnt, könnte es sein, dass man vor der entspannten Ruhe flieht, weil man
sie sich nicht leisten darf.
Des weiteren steht Blau auch für Geborgenheit,
Verbundenheit und Treue. So steht es auch mit dem Einfühlungsvermögen in
Verbindung. Das Gemüt wird dem Dunkelblau zugeordnet.
„Blau ist die Mittler- und
Spiegelungsfarbe zwischen Himmlischem und Irdischem, zwischen Gott und Welt“. Aufgrund
seiner Entgrenztheit ist sie auch die Farbe des Fernwehs, der See- und
Luftfahrt. Sie ist die Farbe des Unbewussten und steht für die Tiefe der
eigenen Seele.
Die Blaunuancen des Himmels eines
Bildes lernen wir besser zu verstehen, wenn wir die von Tages- und Jahreszeiten
abhängenden Erfahrungen und Stimmungen kennen.
„Frühling lässt sein blaues Band
wieder flattern durch die Lüfte;
süße wohlbekannte Düfte
streifen ahnungsvoll das Land.“
(Eduard Mörike)
In Frankreich spricht man von „peur
bleu“ und meint damit die metaphysische „blaue Angst“. Aus Frankreich kommt auch
das Märchen „Blaubart“.
Interessant ist, dass das Blau in der Vierfarbenlehre
der Antike nicht vorkam. Griechische Funde zeigen aber, dass ein leuchtendes
Blau sehr wohl in der Malerei in Verwendung war. Vielleicht hatten die Griechen
bloß eine andere Bezeichnung für das Blau. Vielleicht hängt es aber schlicht
nur mit einer Eigenschaft des Blau, nämlich, des sich Entziehens zusammen.
Indigo natürlich |
Was des Herstellen der Farbe Blau
betrifft, waren sich Färber einig, dass die Färbepflanzen lebendige Wesen seien.
Ihnen wurden daher seelische Kräfte nachgesagt.
Mit Beeren zu färben bot sich zwar an,
die Farben waren allerdings nicht von Beständigkeit. Deshalb war man auf andere
Pflanzen angewiesen.
Der lichtechte und intensive Indigo -
„indische Farbe“ - wurde aus einer in Indien vorkommenden, eher unscheinbaren
Pflanze hergestellt. Für den Handelsweg wurde er in Ziegelformen gepresst.
Diese sehr aufwendige Herstellung war auch dementsprechend kostspielig. Deshalb
wurde in Europa der kleine Bruder des Indigo mit der einheimischen Pflanze
„Färberwaid“ hergestellt. Sein im Vergleich zu Indigo geringerer Anteil an
Indikan ließ allerdings nicht die gleiche Farbwirkung erzielen. Da er aber die
echteste Färbung erzielte wurde er sehr weidläufig angebaut. In diesem Zuge ist
auch Karl der Große zu nennen, der im 8. Jahrhundert, die mit Waid blau
gefärbte Kleidung den Arbeitsleuten vorschrieb.
Im 16. Jahrhundert ging es den
Waidbauern allerdings an den Kragen. Die Seefahrt wurde immer
selbstverständlicher und Indigo kam in immer größeren Mengen nach Europa. Zunächst
versuchte man den Waidanbau noch zu schützen, indem man das Indigo verteufelte.
Doch die Begeisterung für die indigogefärbten Stoffe war zu groß, und vertrieb
das Waid.
Im 19 Jahrhundert versuchten sich
Chemiker am Indigo und experimentierten mit Indigostückchen, woraus sie eine
farblose Flüssigkeit erhielten. Mit Chlorkalk vermengt, entstand eine
blauviolette Farbe. Es wurde als Anilin (Portugiesisch für Blau) bezeichnet. Als
man herausfand, dass es auch aus Steinkohlenteer gewonnen werden konnte, suchte
man nach einer Verwendungsmöglichkeit. Einem 18 jährigen Engländer gelang es,
unter Beimengung einer Substanz, die erste, allerdings weniger kräftige
Anilinfarbe zu erzeugen. Diese eignete sich für die Baumwoll- und
Seidenfärbung. Es wurde sehr viel Geld investiert, um an das natürliche Indigo
heranzukommen. 1897 kommt das künstliche Indigo auf den Markt und verdrängt das
natürliche weitgehend.
Es gab noch weitere blaue Malfarben:
Azurit, pulverisiertes Kobaltglas, eine spezielle Glasur aus Glas und Kupfer
sowie Lapislazuli - Ultramarin. Letzteres spielte als Pigment in der Kunst eine
wichtige Rolle. Diese kostbare Farbe wurde allerding oft in Gold aufgewogen.
Daher wurde sie entweder nur für das Herausarbeiten von Details oder auf großen
Flächen für die dünne Übermalung verwendet, lasuren, was wir heute als lasieren
bezeichnen. Auch Jachwes Thron war aus diesem Stein gedacht. Ein besonderes
Beispiel für die Verwendung von Lapislazuli befindet sich im Stundenbuch des
Herzog von Berry.
Stundenbuch des Herzog von Berry |
Auf diesem Bild ist Maria eingehüllt
in einen blauen Mantel zu sehen. Sollte sie als Himmelgöttin nicht eher in
einem Purpurmantel erscheinen? Die von vielen Nöten geplagten Gläubigen suchten
eher nach einer schützenden Mutter, welche sich durch das Blau des Mantels zeigt.
Immer mehr Blautöne kamen nun unter
den Malerfarben auf: das farbmächtige Preußisch- oder Berlinblau; für den
hellen Blauton das Kobaltblau, das Coelinblau, das Manganblau und schließlich
das künstliche Ultramarinblau im Jahr 1828.
Mitte des 12. Jahrhunderts begann
Suger, auch „Vater der Gotik“ genannt, die steinernen Wände seiner Abtkirche mit
Fensterflächen umzugestalten. Diese bestanden vorwiegend aus einem tiefen Blau.
Auch Giotto, Tizian und Michelangelo hatten eine Vorliebe für Blau.
Für Kandinsky ist das Blau der „ewig
überirdische Schwerpunkt“ der Farben. Heimendahl schreibt, in Bezug auf die blaue
Blume (Novalis) der Sehnsucht aus der Romantik, der Blauerfahrung eine „irreale
Ungreifbarkeit des Blau an, das uns anzieht, indem es vor uns
zurückweicht“. Chevalier spricht über
das Blau als immateriellste Farbe, weil sich die Natur in ihr als durchsichtig
repräsentiert (Luft, Wasser, Kristall, Diamant). Yves Kleins Anspruch war es
die Farben zu entmaterialisieren. Die üblichen blauen Malfarben reichten ihm
dafür nicht und er erfand sein eigenes Blau und ließ es patentieren. Bekannt
und erwähnenswert sind auch Chagalls Glasfenster.
Franz Marc, Der Turm der blauen Pferde |
In Marcs Farbtheorie bestimmt die Farbe Blau das männliche Geschlecht: Er formulierte sie in einem Brief an Macke vom 12. Dezember 1910:
„Blau ist das männliche Prinzip, herb und geistig. Gelb das weibliche Prinzip, sanft, heiter und sinnlich. Rot die Materie, brutal und schwer und stets die Farbe, die von den anderen beiden bekämpft und überwunden werden muß! Mischst Du z. B. das ernste, geistige Blau mit Rot, dann steigerst Du das Blau bis zur unerträglichen Trauer, und das versöhnende Gelb, die Komplementärfarbe zu Violett, wird unerläßlich. […] Mischst Du Rot und Gelb zu Orange, so gibst Du dem passiven und weiblichen Gelb eine megärenhafte, sinnliche Gewalt, daß das kühle, geistige Blau wiederum unerläßlich wird, der Mann, und zwar stellt sich das Blau sofort und automatisch neben Orange, die Farben lieben sich. Blau und Orange, ein durchaus festlicher Klang. Mischst Du nun aber Blau und Gelb zu Grün, so weckst Du Rot, die Materie, die Erde, zum Leben.“
Im alten Ägypten wurden die
Grabkammern der Könige in Blau ausgemalt. Blau wird daher auch als die Farbe
der Götter gesehen. Auch der hinduistische Gott Krishna (Gott der Liebe und des
Tanzes) erscheint fast immer in Blau. Im tibetischen Buddhismus wird der Buddha
Vairocana immer wieder in Blau dargestellt, wo er für transzendente Weisheit,
Potentialität und Leere steht. Im tantrischen Buddhismus Tibets steht Blau mit
dem Bewusstsein im anspruchsvollsten Sinne verbunden.
Krishna und Radha |
In vielen Flaggen findet sich das
Blau. So z.b. in jener von Israel und Europa. Das Blau in der französischen
Flagge z.b. steht für Freiheit.
In der Kleidung hat das Blau
uniformierenden Charakter. Denken wir etwa an die Blue Jeans, die ursprünglich
den Lebensstil der Farmer repräsentierten, an die Blauhemden der FDJ, die
Marineuniformen oder jene von Bahnbeamten und Polizisten. Hier steht die
Blausymbolik für Ordnung, Rationalität und Disziplin. Eine Ablehnung der Farbe
Blau, könnte in diesem Zusammenhang mit einer Ablehnung des Uniformierten
zusammenhängen.
Zusammengefasst können wir sagen, dass
das Himmelblau für Träumerei und Irreales, das mittlere Blau (Preußisch,
Kobalt) für Klarheit und Geistigkeit und das Dunkelblau (Ultramarin, Indigo)
für Träume, Mystik und das Unbewusste steht. Blau kann also sowohl Entgrenzung als
auch Geborgenheit übermitteln.
...Dieser Beitrag soll eine Übersicht geben und ist daher keineswegs vollständig. Er darf gerne auch von den Leserinnen und Lesern erweitert werden... kalia freut sich über Anregungen und Ergänzungen... ;)
verfasst von: ka*
...Dieser Beitrag soll eine Übersicht geben und ist daher keineswegs vollständig. Er darf gerne auch von den Leserinnen und Lesern erweitert werden... kalia freut sich über Anregungen und Ergänzungen... ;)
verfasst von: ka*
Quellen:
Bruns, M. (1997): Das Rätsel Farbe - Materie und Mythos. Reclam: Stuttgart.
Riedel, I. (1990): Farben - In Religion, Gesellschaft, Kunst und Psychotherapie. Kreuz Verlag: Stuttgart.
Heller, E. (2011): Wie Farben wirken. Rowohlt Verlag: Reinbek beiHamburg.
Bild Mosaikteller: http://www.seducingwithstyle.com/style-101/shades-of-blue/
Bruns, M. (1997): Das Rätsel Farbe - Materie und Mythos. Reclam: Stuttgart.
Riedel, I. (1990): Farben - In Religion, Gesellschaft, Kunst und Psychotherapie. Kreuz Verlag: Stuttgart.
Heller, E. (2011): Wie Farben wirken. Rowohlt Verlag: Reinbek beiHamburg.
Bild Mosaikteller: http://www.seducingwithstyle.com/style-101/shades-of-blue/
Bild Chagall, "Traum in Blau":http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunstmarkt/moderne-kunst-chagalls-dunkle-phantasie-vorschau-auf-die-auktion-bei-kornfeld-in-bern-1331486.html
Bild Van Gogh, "Sternennacht über der Rhône": http://www.posterlounge.de/sternennacht-ueber-der-rhone-pr159895.html
Bild Indigo: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Indigo_plant_extract_sample.jpg
Bild Blautöne: http://www.seducingwithstyle.com/wp-content/uploads/2011/01/shades-of-blue22.jpg
Bild Stundenbuch des Herzog Berry; http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Folio_38v_-_The_Visitation.jpg
Brandenburger Tor: http://www.welt-diabetes-tag.de/news/2010/weltdiabetestag-2009-berlin
Bild Marc, "Der Turm der blauen Pferde": http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Franz_Marc_029a.jpg
Bild Krishna und Radha: http://stadt-zuerich.newstool.ch/newsletteronline-iframe.php?newstool=234
Bild Kleinblau: http://blogs.colette.fr/itemidem/2008/09/25/international-klein-blue-jean/
Bild Blauer Saphir: http://www.carat-online.at/edelsteinlexikon/edelsteine-behandlungsmethoden/
Brandenburger Tor: http://www.welt-diabetes-tag.de/news/2010/weltdiabetestag-2009-berlin
Bild Marc, "Der Turm der blauen Pferde": http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Franz_Marc_029a.jpg
Bild Krishna und Radha: http://stadt-zuerich.newstool.ch/newsletteronline-iframe.php?newstool=234
Bild Kleinblau: http://blogs.colette.fr/itemidem/2008/09/25/international-klein-blue-jean/
Bild Blauer Saphir: http://www.carat-online.at/edelsteinlexikon/edelsteine-behandlungsmethoden/