Dienstag, 19. März 2013



FARBEN...


BLAU





Blau ist nach einer Umfrage (vgl. Eva Heller) mit Abstand die beliebteste Farbe. Sie ist sehr naturbezogen und kommt unter anderem vor in den Nuancen: Ägyptischblau, Aquamarinblau, Ätherblau, Augenblau, Azurblau, Babyblau, Bayrischblau, Berliner Blau, Blaßblau, Blauschwarz, Blauviolett, Chagallblau, Clematisblau, Curacaoblau, Cyanblau, Echtblau, Eisblau, Enzianblau, Gewitterblau, Glockenblumenblau, Graublau, Grünblau, Heidelbeerblau, Himmelblau, Indigoblau, Indischblau, Jeansblau, Kobaltblau, Königsblau, Kornblumenblau, Lapisblau, Lavendelblau, Lichtblau, Madonnenblau, Marineblau, Meerblau, Mittelblau, Nachtblau, Opalblau, Ozeanblau, Pariser Blau, Pastellblau, Petrolblau, Preußischblau, Rauchblau, Ritterspornblau, Saphirblau, Schwarzblau, Tiefblau, Türkisblau, Ultramarin, Veilchenblau, Vergißmeinnichtblau, Wasserblau, Wolkenblau, Zwetschgenblau...



Lapislazuli
Aquamarin











Die häufigsten Assoziationen zu Blau sind Himmel, Wasser, See, Meer, Kühle, Luft, Eis, Weite und Tiefe. In den drei (Halb)Edelsteinen, Lapislazuli, Aquamarin und Saphir finden wir sie wieder. Der Lapislazuli, der an den nächtlichen Sternenhimmel erinnert; der Aquamarin, mit dem Blau der das Wasser wiederspiegelt und der Saphir, der das Blau der Luft zeigt,  und im Christentum daher auch als himmlische Farbe gesehen wird.

Blauer Saphir


Blau ist eine kühle, kalte und geistige Farbe. Ihre  psychische Wirkung – vor allem im helleren Blau - geht ins Geheimnisvolle, Sehnsüchtige, Träumerische, Ruhige, Entspannte, Melancholische und Empfangende. Im dunklen Indigoblau gar ins Traurige, Deprimierende und Ernste. Blau entspricht eher der Introversion und kann vor allem in der Nuance des Preußischblau als Farbe des Rückzugs, sich nach Innen wenden angesehen werden. Sie ist die Farbe der Kontemplation, der Vertiefung, der Transzendenz, und ruft ins Unendliche. Blau ist auch die Farbe der affektiven Regulation und inneren Steuerung durch Einsicht, Wille und Vernunft.


Chagall, "Traum in Blau"

Goethe behauptete, dass Blau „immer etwas Dunkles mit sich führe“. Die dunklen Seite des Blaus liegen im Dämonischen, Teuflischen, Geisthaften und Gespenstischen. Es steht auch für den „entleerten Rationalismus. Und Blau ist auch die Farbe der Trunkenheit.

Nach Lüscher steigert sich das Bedürfnis vor allem nach einem dunklen Blau bei Erschöpfung und Krankheit. Es steht für das Grundbedürfnis nach Ruhe im physiologischen Sinne und nach Befriedigung, Zufriedenheit und Frieden im psychologischen Sinne. Wird das Dunkelblau also abgelehnt, könnte es sein, dass man vor der entspannten Ruhe flieht, weil man sie sich nicht leisten darf.

Van Gogh, "Sternennacht über der Rhône"


Des weiteren steht Blau auch für Geborgenheit, Verbundenheit und Treue. So steht es auch mit dem Einfühlungsvermögen in Verbindung. Das Gemüt wird dem Dunkelblau zugeordnet.  

„Blau ist die Mittler- und Spiegelungsfarbe zwischen Himmlischem und Irdischem, zwischen Gott und Welt“. Aufgrund seiner Entgrenztheit ist sie auch die Farbe des Fernwehs, der See- und Luftfahrt. Sie ist die Farbe des Unbewussten und steht für die Tiefe der eigenen Seele.
Die Blaunuancen des Himmels eines Bildes lernen wir besser zu verstehen, wenn wir die von Tages- und Jahreszeiten abhängenden Erfahrungen und Stimmungen kennen.


„Frühling lässt sein blaues Band
wieder flattern durch die Lüfte;
süße wohlbekannte Düfte
streifen ahnungsvoll das Land.“
(Eduard Mörike)


In Frankreich spricht man von „peur bleu“ und meint damit die metaphysische „blaue Angst“. Aus Frankreich kommt auch das Märchen „Blaubart“.

Interessant ist, dass das Blau in der Vierfarbenlehre der Antike nicht vorkam. Griechische Funde zeigen aber, dass ein leuchtendes Blau sehr wohl in der Malerei in Verwendung war. Vielleicht hatten die Griechen bloß eine andere Bezeichnung für das Blau. Vielleicht hängt es aber schlicht nur mit einer Eigenschaft des Blau, nämlich, des sich Entziehens zusammen.



Indigo natürlich

Was des Herstellen der Farbe Blau betrifft, waren sich Färber einig, dass die Färbepflanzen lebendige Wesen seien. Ihnen wurden daher seelische Kräfte nachgesagt.
Mit Beeren zu färben bot sich zwar an, die Farben waren allerdings nicht von Beständigkeit. Deshalb war man auf andere Pflanzen angewiesen.
Der lichtechte und intensive Indigo - „indische Farbe“ - wurde aus einer in Indien vorkommenden, eher unscheinbaren Pflanze hergestellt. Für den Handelsweg wurde er in Ziegelformen gepresst. Diese sehr aufwendige Herstellung war auch dementsprechend kostspielig. Deshalb wurde in Europa der kleine Bruder des Indigo mit der einheimischen Pflanze „Färberwaid“ hergestellt. Sein im Vergleich zu Indigo geringerer Anteil an Indikan ließ allerdings nicht die gleiche Farbwirkung erzielen. Da er aber die echteste Färbung erzielte wurde er sehr weidläufig angebaut. In diesem Zuge ist auch Karl der Große zu nennen, der im 8. Jahrhundert, die mit Waid blau gefärbte Kleidung den Arbeitsleuten vorschrieb.
Im 16. Jahrhundert ging es den Waidbauern allerdings an den Kragen. Die Seefahrt wurde immer selbstverständlicher und Indigo kam in immer größeren Mengen nach Europa. Zunächst versuchte man den Waidanbau noch zu schützen, indem man das Indigo verteufelte. Doch die Begeisterung für die indigogefärbten Stoffe war zu groß, und vertrieb das Waid.
Im 19 Jahrhundert versuchten sich Chemiker am Indigo und experimentierten mit Indigostückchen, woraus sie eine farblose Flüssigkeit erhielten. Mit Chlorkalk vermengt, entstand eine blauviolette Farbe. Es wurde als Anilin (Portugiesisch für Blau) bezeichnet. Als man herausfand, dass es auch aus Steinkohlenteer gewonnen werden konnte, suchte man nach einer Verwendungsmöglichkeit. Einem 18 jährigen Engländer gelang es, unter Beimengung einer Substanz, die erste, allerdings weniger kräftige Anilinfarbe zu erzeugen. Diese eignete sich für die Baumwoll- und Seidenfärbung. Es wurde sehr viel Geld investiert, um an das natürliche Indigo heranzukommen. 1897 kommt das künstliche Indigo auf den Markt und verdrängt das natürliche weitgehend.
Den Nachteil der chemischen Produktion für Umwelt und Mensch kann man sich ausmalen.


Blautöne


Es gab noch weitere blaue Malfarben: Azurit, pulverisiertes Kobaltglas, eine spezielle Glasur aus Glas und Kupfer sowie Lapislazuli - Ultramarin. Letzteres spielte als Pigment in der Kunst eine wichtige Rolle. Diese kostbare Farbe wurde allerding oft in Gold aufgewogen. Daher wurde sie entweder nur für das Herausarbeiten von Details oder auf großen Flächen für die dünne Übermalung verwendet, lasuren, was wir heute als lasieren bezeichnen. Auch Jachwes Thron war aus diesem Stein gedacht. Ein besonderes Beispiel für die Verwendung von Lapislazuli befindet sich im Stundenbuch des Herzog von Berry.


Stundenbuch des Herzog von Berry

Auf diesem Bild ist Maria eingehüllt in einen blauen Mantel zu sehen. Sollte sie als Himmelgöttin nicht eher in einem Purpurmantel erscheinen? Die von vielen Nöten geplagten Gläubigen suchten eher nach einer schützenden Mutter, welche sich durch das Blau des Mantels zeigt.

Immer mehr Blautöne kamen nun unter den Malerfarben auf: das farbmächtige Preußisch- oder Berlinblau; für den hellen Blauton das Kobaltblau, das Coelinblau, das Manganblau und schließlich das künstliche Ultramarinblau im Jahr 1828.

Berlin, Brandenburger Tor

Mitte des 12. Jahrhunderts begann Suger, auch „Vater der Gotik“ genannt, die steinernen Wände seiner Abtkirche mit Fensterflächen umzugestalten. Diese bestanden vorwiegend aus einem tiefen Blau. Auch Giotto, Tizian und Michelangelo hatten eine Vorliebe für Blau.
Für Kandinsky ist das Blau der „ewig überirdische Schwerpunkt“ der Farben. Heimendahl schreibt, in Bezug auf die blaue Blume (Novalis) der Sehnsucht aus der Romantik, der Blauerfahrung eine „irreale Ungreifbarkeit des Blau an, das uns anzieht, indem es vor uns zurückweicht“.  Chevalier spricht über das Blau als immateriellste Farbe, weil sich die Natur in ihr als durchsichtig repräsentiert (Luft, Wasser, Kristall, Diamant). Yves Kleins Anspruch war es die Farben zu entmaterialisieren. Die üblichen blauen Malfarben reichten ihm dafür nicht und er erfand sein eigenes Blau und ließ es patentieren. Bekannt und erwähnenswert sind auch Chagalls Glasfenster.


Franz Marc, Der Turm der blauen Pferde


In Marcs Farbtheorie bestimmt die Farbe Blau das männliche Geschlecht: Er formulierte sie in einem Brief an Macke vom 12. Dezember 1910:
„Blau ist das männliche Prinzip, herb und geistig. Gelb das weibliche Prinzip, sanft, heiter und sinnlich. Rot die Materie, brutal und schwer und stets die Farbe, die von den anderen beiden bekämpft und überwunden werden muß! Mischst Du z. B. das ernste, geistige Blau mit Rot, dann steigerst Du das Blau bis zur unerträglichen Trauer, und das versöhnende Gelb, die Komplementärfarbe zu Violett, wird unerläßlich. […] Mischst Du Rot und Gelb zu Orange, so gibst Du dem passiven und weiblichen Gelb eine megärenhafte, sinnliche Gewalt, daß das kühle, geistige Blau wiederum unerläßlich wird, der Mann, und zwar stellt sich das Blau sofort und automatisch neben Orange, die Farben lieben sich. Blau und Orange, ein durchaus festlicher Klang. Mischst Du nun aber Blau und Gelb zu Grün, so weckst Du Rot, die Materie, die Erde, zum Leben.“

Im alten Ägypten wurden die Grabkammern der Könige in Blau ausgemalt. Blau wird daher auch als die Farbe der Götter gesehen. Auch der hinduistische Gott Krishna (Gott der Liebe und des Tanzes) erscheint fast immer in Blau. Im tibetischen Buddhismus wird der Buddha Vairocana immer wieder in Blau dargestellt, wo er für transzendente Weisheit, Potentialität und Leere steht. Im tantrischen Buddhismus Tibets steht Blau mit dem Bewusstsein im anspruchsvollsten Sinne verbunden.


Krishna und Radha

In vielen Flaggen findet sich das Blau. So z.b. in jener von Israel und Europa. Das Blau in der französischen Flagge z.b. steht für Freiheit.

In der Kleidung hat das Blau uniformierenden Charakter. Denken wir etwa an die Blue Jeans, die ursprünglich den Lebensstil der Farmer repräsentierten, an die Blauhemden der FDJ, die Marineuniformen oder jene von Bahnbeamten und Polizisten. Hier steht die Blausymbolik für Ordnung, Rationalität und Disziplin. Eine Ablehnung der Farbe Blau, könnte in diesem Zusammenhang mit einer Ablehnung des Uniformierten zusammenhängen.

Kleinblau

Zusammengefasst können wir sagen, dass das Himmelblau für Träumerei und Irreales, das mittlere Blau (Preußisch, Kobalt) für Klarheit und Geistigkeit und das Dunkelblau (Ultramarin, Indigo) für Träume, Mystik und das Unbewusste steht. Blau kann also sowohl Entgrenzung als auch  Geborgenheit übermitteln.


...Dieser Beitrag soll eine Übersicht geben und ist daher keineswegs vollständig. Er darf gerne auch von den Leserinnen und Lesern erweitert werden... kalia freut sich über Anregungen und Ergänzungen... ;)

                                                                                                                                  verfasst von: ka*


Quellen: 
Bruns, M. (1997): Das Rätsel Farbe - Materie und Mythos. Reclam: Stuttgart.
Riedel, I. (1990): Farben - In Religion, Gesellschaft, Kunst und Psychotherapie. Kreuz Verlag: Stuttgart.
Heller, E. (2011): Wie Farben wirken. Rowohlt Verlag: Reinbek beiHamburg.
Bild Mosaikteller: http://www.seducingwithstyle.com/style-101/shades-of-blue/
Bild Indigo: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Indigo_plant_extract_sample.jpg
Bild Blautöne: http://www.seducingwithstyle.com/wp-content/uploads/2011/01/shades-of-blue22.jpg
Bild Stundenbuch des Herzog Berry; http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Folio_38v_-_The_Visitation.jpg
Brandenburger Tor: http://www.welt-diabetes-tag.de/news/2010/weltdiabetestag-2009-berlin
Bild Marc, "Der Turm der blauen Pferde": http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Franz_Marc_029a.jpg
Bild Krishna und Radha: http://stadt-zuerich.newstool.ch/newsletteronline-iframe.php?newstool=234
Bild Kleinblau: http://blogs.colette.fr/itemidem/2008/09/25/international-klein-blue-jean/
Bild Blauer Saphir: http://www.carat-online.at/edelsteinlexikon/edelsteine-behandlungsmethoden/

Mittwoch, 13. März 2013

Wirkfaktoren von künstlerischen Therapien

Prof. Dr. Harald Gruber präsentiert in seinem Vortrag die Ergebnisse einer Studie zu Wirkfaktoren von künstlerischen Therapien, wie Kunst-, Musik- und Tanztherapie: 


Wagenlenker von Delphi




























Zu den spezifischen Wirkfaktoren, die sich aus der Studie herauskristallisiert haben, zählen:
  1. Unterstützung des nonverbalen Ausdrucks
  2. Anregung des schöpferischen Prozesses
  3. Stimulierung aktiver Gestaltungsfähigkeit
  4. Stimulierung spezifischer Sinneserfahrungen
  5. Förderung der Selbst- und Fremdwahrnehmungsfähigkeit
  6. Stimulierung der Symbolisierungsfähigkeit und Imagination
  7. Förderung von Kommunikationsmöglichkeiten in der Gruppe über ein Ausdrucksmedium
  8. Beziehung zu Therapeuten über ein Ausdrucksmedium
  9. Stimulierung der Selbstwirksamkeit
  10. Unterstützung der Affektregulation
  11. Begleitung von Individualisierungsprozesse
  12. Förderung von Erkenntnisprozessen
  13. Wahrnehmung der Atmosphäre des Therapieraumes

verfasst von: *lia

Quellen:
Bild Wagenlenker von Delphi: http://de.academic.ru/dic.nsf/dewiki/1480930
Alanus Hochschule: http://www.kunsttherapie-studieren.de/

Freitag, 1. März 2013